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Am 04.07.24 hat der Bundestag die historische Zustimmung zu einem Gesetzesentwurf gegeben, mit dem zukünftig vollständig digitale Eigentümerversammlungen (ETV) durchgeführt werden können.

Bisheriger Status-Quo: Seit 2020 ist es zwar möglich, Eigentümerversammlungen in hybrider Form, also einer Kombination aus Präsenz- und Onlineveranstaltung, abzuhalten. Eine rein digitale Eigentümerversammlung war bislang jedoch nicht vorgesehen. Das ändert sich nun.

Was für Eigentümer jetzt wichtig ist, ab wann die neuen Regelungen gelten und wie Sie auch für Ihre WEG eine digitale ETV einführen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eigentümergemeinschaften haben zukünftig die Wahl zwischen drei Versammlungsformen: Präsenz, Hybrid und rein virtuell.
  • Für die Einführung der rein digitalen Versammlungsform ist ein entsprechender Beschluss mit einer Dreiviertelmehrheit notwendig.
  • Der Beschluss gilt zunächst für drei Jahre. Sollte darüber hinaus eine rein virtuelle Versammlung gewünscht sein, ist ein erneuter Beschluss notwendig.
  • Bis einschließlich 2028 muss dennoch zunächst weiterhin jährlich eine Versammlung in Präsenz stattfinden. Allerdings können die Wohnungseigentümer mittels einstimmiger Beschlussfassung hierauf verzichten.
  • In einer virtuellen Versammlung getroffene Beschlüsse sind auch vor 2028, unabhängig ob eine Präsenzveranstaltung stattfindet, bindend.

1. Gesetzliche Grundlagen zur digitalen Eigentümerversammlung

Die Grundlage für die digitale Eigentümerversammlung bildet der am 04.07.24 angepasste § 23 Abs. 1 des Wohnungseigentumgesetzes. Dort heißt es zukünftig wie folgt:

Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein.

Quelle: § 23 Abs. 1a WEG

Damit haben WEGs zukünftig drei Wahlmöglichkeiten zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Versammlung:

  • Klassisch in Präsenz
  • Hybrid (Präsenzveranstaltung mit der Möglichkeit sich online zuzuschalten)
  • Ausschließlich Digital

Damit die Eigentümerversammlung jedoch ausschließlich digital stattfindet ist ein mit einer Dreiviertelmehrheit angenommener Beschluss notwendig. Der Beschluss hat zunächst eine Gültigkeit von drei Jahren und muss anschließend erneut gefasst werden, um die Eigentümerversammlung weiterhin rein digital durchzuführen.

Diese auf den ersten Blick durchaus komplexe Vorgehensweise resultiert aus einer Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags. Hiermit soll Rechnung getragen werden, dass die Eigentümer im Zeitverlauf gegebenenfalls Ihre Meinung zur Versammlungsform ändern.

Ebenfalls auf einer Empfehlung des Rechtsausschusses beruhend ist die Einführung eines sechsten Abschnitts in § 48 WEG.

Fassen die Wohnungseigentümer vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss nach § 23 Absatz 1a, ist bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchzuführen, sofern die Wohnungseigentümer hierauf nicht durch einstimmigen Beschluss verzichten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse.

Quelle: § 48 Abs. 6 WEG

Konkret bedeutet dass, dass Ihre WEG auch nach einem Beschluss zur Durchführung virtueller Eigentümerversammlungen zunächst weiterhin bis einschließlich 2028 eine Präsenzveranstaltung pro Jahr abhalten muss. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass Eigentümer einen schonenden Übergang von der Durchführung in Präsenz hin zur virtuellen Teilnahme haben.

Sollte diese Übergangszeit in Ihrer WEG nicht erwünscht sein, kann darauf allerdings mittels einfachem Beschluss verzichtet werden. Es ist also auch vor 2028 möglich, ausschließlich virtuelle Versammlungen abzuhalten. Dafür benötigt es jedoch dann zwei separate Beschlüsse:

  1. Beschluss zur Einführung der digitalen ETV
  2. Beschluss zum Verzicht auf Präsenzveranstaltungen

Am Ende dieses Beitrags haben wir Ihnen zwei entsprechende Musterbeschlüsse formuliert, die Sie für Ihre WEG verwenden können.

2. Vorteile & Herausforderungen der virtuellen Eigentümerversammlung

Auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen zunächst etwas kompliziert erscheinen, birgt die digitale Eigentümerversammlung ein enormes Potential für viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG). Klassischerweise können an den Versammlungen in Präsenz nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Eigentümer teilnehmen. Terminkonflikte oder aber eine zu weite Anreise sorgten in der Vergangenheit dafür, dass immer nur wenige Eigentümer an einer Versammlung teilnehmen konnten.

Durch eine digitale Durchführung können Sie nicht nur ortsunabhängig teilnehmen, auch der Zeitaufwand für An- und Abreise entfällt. Hierdurch gelingen Terminabstimmungen leichter und ermöglichen zudem eine Teilnahme von allen Eigentümern einer WEG. Das führt zwangsläufig zu einem besseren Austausch und Beschlüssen hinter denen alle Eigentümer stehen. Außerdem spart sich Ihre WEG durch die digitale Variante auch die Kosten für die Miete eines geeigneten Versammlungsraums.

Auch falls bei Sanierungen oder anderen wichtigen bzw. kurzfristigen Themen mehr als eine Versammlung notwendig ist, hält sich der Kosten- und Zeitaufwand für alle Beteiligten in Grenzen und ermöglicht so einen regelmäßigeren Austausch.

Gleichzeitig gibt es natürlich auch Herausforderungen. So muss für eine digitale Eigentümerversammlung zunächst einmal jeder Eigentümer über die technischen Möglichkeiten für eine Teilnahme verfügen. Auch auf Seiten der Hausverwaltung müssen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wie dies gewährleistet werden kann, erfahren Sie im nächsten Abschnitt. Doch auch der fehlende persönliche Austausch und Small-Talk im Vorfeld und Nachgang der Eigentümerversammlung kann durchaus kritisch bewertet werden. Nicht zuletzt ist auch bei einer digitalen Durchführung eine professionelle Moderation notwendig um sicherzustellen, dass es zu keinen Themenabschweifungen kommt und Beschlüsse rechtskonform beschlossen werden.

Trotz mancher Herausforderung überwiegen in Summe die Vorteile einer digitalen Eigentümerversammlung für die meisten WEGs deutlich.

Vorteile & Herausforderungen im Überblick

  • Ortsunabhängige Teilnahme möglich
  • Kein Kosten- und Zeitaufwand für An- & Abreise
  • Besserer Austausch durch die Teilnahme von mehr Eigentümern
  • Häufigere Versammlungen ohne deutlich erhöhten Kosten- & Zeitaufwand möglich
  • Keine Kosten für Versammlungsraum
  • Technische Rahmenbedingungen müssen bei allen Eigentümern vorhanden sein
  • Persönlicher Austausch und Small-Talk im Vorfeld und Nachgang nur schwer möglich
  • Professionelle Moderation notwendig um Zwischenreden und Themenabschweifungen zu verhindern.

Eine Alternative zur digitalen Eigentümerversammlung kann auch die Durchführung in hybrider Form sein. Bei dieser Variante können Sie als Eigentümer sowohl in Präsenz als auch digital teilnehmen. Hierdurch werden die analogen & digitalen Vorteile kombiniert. Viele der von uns betreuten WEGs favorisieren diese Variante.

Moritz MoellerGeschäftsführer Vonitum

3. Wie funktioniert eine digitale Eigentümerversammlung?

Bei den Vorteilen der digitalen Eigentümerversammlung fragen Sie sich vielleicht gerade: Wie läuft so eine virtuelle Veranstaltung überhaupt ab? Welche Technologie kommt zum Einsatz, wie erfolgt die Abstimmung und wie kann der Datenschutz gewährleistet werden?

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Vorlauf und Ablauf einer digitalen Eigentümerversammlung einer herkömmlichen Versammlung in Präsenz grundsätzlich ähnlich sind. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle die analoge Variante kurz skizziert:

Parallelen zur analogen Eigentümerversammlung

Vor Durchführung der ETV

  • Versand einer Einladung mit den Tagesordnungspunkten mit mindestens drei Wochen Vorlauf

Während Durchführung der ETV

  • Eröffnung der Versammlung durch den Hausverwalter
  • Prüfung der Anwesenheit stimmberechtigter Wohnungseigentümer
  • Vorstellung der Tagesordnungspunkte
  • Leitung der Diskussion bzw. des Austauschs
  • Bekanntgabe der Beschlussfassung
  • Abschluss der Versammlung

Nach Durchführung der ETV

  • Versand des Beschlussprotokolls durch die Hausverwaltung

Besonderheiten der virtuellen Versammlung

Auch bei einer virtuellen Durchführung muss der genannte Ablauf beibehalten werden. Mindestens die Versammlung, typischerweise jedoch auch der Versand der Einladung und des Beschlussprotokolls, erfolgen jedoch digital.

Welches Programm wird für eine virtuelle Eigentümerversammlung verwendet?

Hierfür gibt es keine gesetzlichen Vorschriften und verschiedene Optionen. Möglich sind zum Beispiel klassische Online-Meeting-Plattformen wie Google Meet, Microsoft Teams oder Zoom. Diese Plattformen sind zum Teil kostenlos, bieten jedoch nur eingeschränkte Möglichkeiten für eine Abstimmung.

Besser sind da speziell auf die Durchführung von Eigentümerversammlungen ausgerichtete Programme. Diese sind genau auf die Beschlussfassung ausgelegt und ermöglichen eine bequeme Abstimmung der Teilnehmer per Klick.

Wie erfolgt die Abstimmung?

Hierzu gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, sodass verschiedene Varianten möglich sind. So kann beispielsweise per Chat oder Wortmeldung abgestimmt werden.

Auch hier hilft es jedoch die Eigentümerversammlung über ein branchentypisches Programm abzuwickeln, da so typischerweise eine digitale Abstimmungsmöglichkeit gegeben ist.

Was passiert bei technischen Problemen?

Verzerrte Stimmen, ein Standbild und plötzlich ist die Verbindung weg. Technische Probleme bei Online Versammlungen sind zwar nicht an der Tagesordnung, jedoch auch nicht ausgeschlossen. Gleichwohl hat der Gesetzgeber hierzu im Wohnungseigentumsgesetz keine Regelung geschaffen.

Aktuell gibt es damit keine klare Rechtssprechung was bei technischen Problemen passiert. Rechtsexperten gehen jedoch davon aus, dass in der Praxis unterschieden werden wird, ob der technische Fehler auf Seiten des Teilnehmers oder durch den Verband der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Hausverwalter, verursacht wurde. Für technische Fehler auf der Teilnehmerseite bestehen mutmaßlich keine Anfechtungsbefugnisse. Bei auf Seiten der WEG Gemeinschaft entstandenen technischen Störungen müsste nachgewiesen werden, dass sich die Probleme auf das Beschlussergebnis ausgewirkt haben.

Unabhängig davon empfiehlt es sich im Vorfeld per Geschäftsordnungsbeschluss festzulegen, was der Versammlungsleiter, also in der Regel die Hausverwaltung, bei technischen Problemen zu unternehmen hat. Auf diese Weise gibt es einen klar definierten Handlungsrahmen sollte es zu technischen Problemen kommen.

Wie führen wir bei Vonitum digitale Eigentümerversammlungen durch?

Da wir bei Vonitum stark auf das Thema Digitalisierung setzen, haben wir den von uns betreuten Wohnungseigentümergemeinschaften bereits in der Vergangenheit hybride Eigentümerveranstaltungen ermöglicht und werden zukünftig auch die rein digitale Durchführung anbieten.

Wir nutzen hierfür unsere Eigentümerplattform in welcher die Option für eine digitale Versammlung per Videokonferenz integriert ist. Dadurch entfällt für Eigentümer die Registrierung bei einem zusätzlichen Portal. Über die Plattform kann bequem abgestimmt und alle Abstimmungsergebnisse bereits unmittelbar nach Beschlussfassung mit den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen eingesehen werden.

Moritz MoellerGeschäftsführer Vonitum

Sind digitale Beschlüssen für alle Eigentümer bindend?

Ja. Alle Beschlüsse die ordnungsgemäß gefasst wurden, sind für sämtliche Eigentümer bindend. Dies gilt auch für digitale Beschlüsse.

4. Beschlussfassung für digitale Eigentümerversammlung

Wenn Sie auch in Ihrer WEG eine digitale Eigentümerversammlung einführen möchten, gibt es hierfür zwei einfache Varianten:

  • Die leichteste Option ist es Ihren Hausverwalter im Vorfeld der nächsten Eigentümerversammlung  zu bitten, einen entsprechenden Beschluss vorzubereiten und auf die Tagesordnung zu setzen
  • Wenn Sie aktuell keinen Verwalter haben und sich beispielsweise in Eigenverwaltung um Ihre WEG kümmern, können Sie auch selbst einen entsprechenden Beschluss auf die Tagesordnung setzen.

Nachfolgend haben wir für Sie einen Musterbeschluss für die Einführung einer digitalen Eigentümerversammlung formuliert:

Musterbeschluss für die Einführung einer digitalen Eigentümerversammlung:

Beschlussantrag:
Ab dem kommenden Wirtschaftsjahr soll, zunächst begrenzt auf einschließlich drei Wirtschaftsjahre, die Wohnungseigentümerversammlung digital ohne physische Präsenz stattfinden. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 23 Abs. 2a Satz 1 WEG.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beschluss mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen angenommen werden muss, damit dieser Gültigkeit erlangt. Der Beschluss gilt zunächst nur für drei Jahre und muss, sollte über diesen Zeitraum hinaus weiterhin eine digitale Durchführung erwünscht sein, nochmal auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Wenn Sie die digitale Eigentümerversammlung ohne eine weitere Präsenzveranstaltung im Jahr bereits vor Ablauf des Jahres 2028 einführen möchten, benötigt es außerdem den nachfolgenden Beschluss. Dieser muss einstimmig angenommen werden:

Musterbeschluss für den Verzicht auf Präsenzveranstaltungen:

Beschlussantrag:
Auf die Durchführung einer Wohnungseigentümerversammlung in Präsenz soll auch im Zeitraum bis Ablauf des Wirtschaftsjahres 2028 verzichtet werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 48 Abs. 6 WEG.

Moritz Moeller

Geschäftsführer Vonitum GmbH